Karriere

Digi­ta­li­sie­rung im Recruit­ment: Per­sön­lich­kei­ten fin­det man nur persönlich

15. Oktober 2019

In den letzten Wochen und Monaten haben wir auf dem Blog immer wieder die voranschreitende Digitalisierung und die damit verbundenen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt thematisiert. Auch vor unserer Branche, der Personaldienstleistung, macht die Digitalisierung keinen Halt. Es gibt originelle Apps und technische Tools, die unter anderem auf künstlicher Intelligenz basieren. Da stellt sich ein Recruiter schon mal die Frage: Wird mein Beruf als Personalberaters irgendwann komplett durch Technik ersetzt werden?

Roboter & Co. werden Recruiter nicht ersetzen
Für uns ist die Antwort auf diese Frage ganz eindeutig: Personalberater werden in absehbarer Zeit nicht durch technische Tools zu ersetzen sein! Im Kern unserer Tätigkeit steht das Heraussuchen und die aktive Ansprache von Talenten. Und dies basiert auf dem, was digitale Lösungen nicht bieten können: auf zeitintensivem persönlichem Kontakt!

Die Herausforderung ist es nicht, die besten Fachkräfte zu finden, sondern die richtigen – also die, die am besten ins Team, in die Unternehmenskultur passen und gleichzeitig das richtige Know-How mitbringen oder alle Voraussetzungen haben, sich die notwendigen Skills anzueignen. Denn das sind die Mitarbeiter, die loyal sind und ein Unternehmen weiterbringen. Um diese zu finden, bedarf es vertrauensvoller persönlicher Beziehungen, sowohl zum Kunden als auch zu den Kandidaten.

Gerade in Zeiten eines zunehmenden Fachkräftemangels ist gutes Personal das A und O. Dieses zu gewinnen und zu halten ist eine zentrale sowie ressourcenintensive Aufgabe für Unternehmen. Umso wichtiger ist es also, dass man hier die richtigen Personen anvisiert und nicht in einen „vermeinten Match" investiert, der am Ende gar nicht wirklich engagiert ist.

Digitale Tools sind mit Sicherheit eine hilfreiche Anreicherung, auch im Recruitment. Wir alle leben mit unseren Handys in der Hand, so wird alles vernetzter und transparenter. Etwa unterstützt Social Media das Employer Branding, welches Unternehmenswerte nach aussen vermittelt und für eine natürliche Selektion der Bewerber sorgt. Das verschlankt und verbessert den Rekrutierungsprozess.

Wir bei Coopers sehen in der Digitalisierung daher keine Gefahr, sondern viele vorteilhafte Chancen. Zu diesem Thema haben wir auch ein Interview mit Denise Stuker, Operations Director bei Coopers Group AG, geführt.

Liebe Denise, wie siehst du das mit der Digitalisierung? Welchen Einfluss hat sie auf die Personalvermittlung?
Denise: Es gibt bereits einige Apps und andere Algorithmus-basierte Tools, die das Recruitment bewerkstelligen sollen. Sucht man nach spezifischen Skills, dann sind solche technischen Lösungen eine Alternative. Meiner Meinung nach ist die Semantik der vorhandenen Tools für komplexere Anforderungsprofile jedoch noch nicht ausgefeilt genug.

Wie genau meinst du das?
Denise: Die Tools stellen beispielsweise keine Rückfragen und sie sind noch nicht bereit, um mit unterschiedlichen Schlagworten mit gleichem Inhalt umzugehen. Viele Kandidaten wissen gar nicht, wie man einen guten CV schreibt, welche Keywords verwendet werden sollten etc. Papier ist da sehr geduldig. Die meisten CVs enthalten Fakten, aber keine Erklärungen. Da fällt ein geeigneter Kandidat schnell mal durchs Raster von einem Algorithmus. Wir als Recruiter lesen zwischen den Zeilen eines CVs und wir fragen punktuell Dinge ab, die nicht im Jobprofil stehen. Warum wurden vorherige Jobs gewechselt, welche geografischen Präferenzen hat der Kandidat etc.

Wie verändert sich dadurch die Beziehung zwischen Recruiter und Unternehmen?
Denise: 2006, zu meiner Anfangszeit, war der erste Kontakt mit dem Kunden noch oft per Telefon. Das hat sich in der Zwischenzeit geändert, hin zum Emailverkehr. Die Gründe für eine Zusammenarbeit mit uns sind aber meist noch dieselben. Die benötigten Skills werden entweder von unseren Kunden direkt nicht gefunden oder es gibt für gewisse Positionen einfach zu viele Bewerber, was einen grossen Arbeitsaufwand bedeutet wenn man jeder Person eine freundliche Rückmeldung geben möchte. Es hilft oft auch nicht, dass Kandidateninfos auf Plattformen wie LinkedIn oder Xing frei verfügbar sind. Die richtigen Personen herauszufiltern ist nach wie vor eine Kunst und vor allem zeitintensiv.

Wir sind überzeugt, dass es nachhaltiger ist, Zeit in eine gute Beziehung zu unseren Kunden und unseren Kandidaten zu investieren, als etwa CVs grossflächig zu streuen. Dabei entsteht ein reziprokes Verhältnis und die Zusammenarbeit wird erfolgreicher.

Wie hat sich die Beziehung zu den Kandidaten in diesem Zusammenhang verändert?
Denise: Die Beziehung zu unseren Kandidaten ist nach wie vor sehr intensiv. Hier steht Vertrauen im Vordergrund, da wir sehr ins Detail gehen und auch persönliche Themen ansprechen. Wir beraten Kandidaten bei Ihrer Karriereplanung und begleiten sie bei massgeblichen Entscheidungen, welche ihr Leben beeinflussen. Wir zeigen ihnen auf, welche Weiterbildungen oder Zertifizierungen hilfreich und aktuell gefragt sind oder in welchen Branchen ihr Profil einen gossen Mehrwert generieren kann. Wir überarbeiten ihre Lebensläufe mit ihnen, um sie für Aussenstehende lesbar zu machen und ihre Vorzüge individuell deutlich zu machen. Oft ist das sehr schwierig für unsere Kandidaten, insbesondere wenn sie viele Jahre Berufserfahrung mitbringen und sehr ausführliche Lebensläufe haben. Alles Dinge, die eine App nicht macht.

Wie würdest du Coopers' Digitalisierungsstrategie beschreiben?
Denise: Wir sehen die Digitalisierung als Chance und werden vorhandene Systeme so gut wie möglich zu unserer Unterstützung nutzen. Gerade im Bereich Social Media sehen wir viele Möglichkeiten Kontakte zu knüpfen und lokale sowie auch internationale Kandidaten zu erreichen. Wir versuchen viel Persönlichkeit von uns und unserem Team preiszugeben, um die Kandidaten an unserem „Agency Live" teilhaben zu lassen. So wissen sie mit wem sie es zu tun haben und der Kontakt ist weniger anonym. Unsere persönlichen Beziehungen, sowohl zu Kunden als auch zu Kandidaten, sind und bleiben aber essentiell für uns, um einen guten Job machen zu können. Daher veranstalten wir regelmässig Events, um den Austausch zu fördern und die Bindungen zu festigen. Wir haben stets eine offene Tür und immer ein Ohr für die Bedürfnisse von unseren Kunden und Kandidaten.

Das ist doch ein tolles Schlusswort! Vielen Dank, Denise, für deine Zeit und deine Insights.

 

Foto von Glenn Carstens-Peters auf Unsplash